Stellungnahme zu „Spannende Zielgruppe“: Soldaten sollen Lehrer werden

Die Studienvertretung Allgemeine Bildungswissenschaftliche Grundlagen und die Zentrumsvertretung Lehrer*innenbildung sehen das geplante Anwerben von Soldat*innen als Quereinsteiger*innen für den Lehrberuf äußerst kritisch,....

Stellungnahme zu „Spannende Zielgruppe“: Soldaten sollen Lehrer werden

orf.at/stories/3326447/ (5. August 2023)

"Die Studienvertretung Allgemeine Bildungswissenschaftliche Grundlagen und die Zentrumsvertretung Lehrer*innenbildung sehen das geplante Anwerben von Soldat*innen als Quereinsteiger*innen für den Lehrberuf äußerst kritisch, da dies aus ihrer Sicht zu einer Verschlechterung der Qualität des Schulunterrichts für die Schüler*innen führen könnte.

Die Bedenken bezüglich der pädagogischen Qualifikation und Erfahrung der Soldat*innen als Quereinsteiger*innen sind berechtigt. Der Lehrberuf erfordert spezifische pädagogische Fähigkeiten und Ausbildungen, die nicht zwangsläufig im militärischen Umfeld erworben werden. Es ist fraglich, ob diese Personen in der Lage sein werden, den Schüler*innen einen qualitativ hochwertigen Unterricht zu bieten, der ihre individuellen Bedürfnisse und Lernstile berücksichtigt.
Des Weiteren besteht die Sorge, dass die gewonnenen Quereinsteiger*innen den Lehrberuf lediglich als vorübergehende Alternative zu ihrem militärischen Dienst betrachten könnten. Dies könnte dazu führen, dass sie nicht langfristig engagiert und motiviert unterrichten, was dem Ziel, den Lehrer*innenmangel zu bekämpfen, entgegenwirken würde.

Auch wenn das Bundesheer in bestimmten Bereichen, wie Sport & Bewegung und Musikerziehung, Expertise aufweisen mag, ist es fraglich, ob diese Kompetenzen ausreichend sind, um einen lehrreichen Unterricht in allen Fächern zu gewährleisten. Die Schüler*innen haben das Recht auf qualifizierten Unterricht in sämtlichen Bereichen des Lehrplans.

Sollten Soldat*innen tatsächlich in anderen Unterrichtsfächern eingesetzt werden, besteht die Gefahr, dass in Fächern wie Geschichte & Politische Bildung einseitige
Propaganda des Bundesheeres unterrichtet wird. Dies könnte die Unabhängigkeit des Bildungssystems gefährden und den Schüler*innen keine objektiven und ausgewogenen Informationen vermitteln.

Die Einbindung von Offizieren in die Schulbuchkommission wirft Fragen zur Neutralität und Objektivität auf. Schulbücher sollten eine unvoreingenommene und wissenschaftlich fundierte Darstellung bieten, frei von ideologischen oder politischen Einflüssen. Die Beteiligung von Offizieren könnte das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Schulbildung beeinträchtigen. Bildungsinhalte sollten auf objektiver wissenschaftlicher Forschung und Expertise basieren und nicht von einer spezifischen Agenda beeinflusst werden. Es ist wichtig, dass das Bildungswesen frei von politischer Einflussnahme bleibt und sich auf die Förderung kritisches Denkens und der Vielfalt der Meinungen.

Anstatt Soldat*innen als Quereinsteiger*innen einzusetzen, sollten die Ministerien andere langfristige Strategien entwickeln, um den Lehrer*innenmangel zu bekämpfen. Dies könnte beispielsweise die Verbesserung der Lehrer*innenausbildung, die Erhöhung der Attraktivität des Lehrer*innenberufs oder die gezielte Anwerbung von Absolventinnen entsprechender Studiengänge beinhalten.

Aufgrund der hier erörterten Punkte ist es nicht ratsam unqualifizierte und dafür nicht ausgebildete Personen rein aus Überforderung in ein für sie nicht gedachtes System zu bringen. Wir benötigen klare strukturelle Maßnahmen und keine Akutlösungen, die weniger die Ursachen bekämpfen, sondern mehr die Symptome behandeln."

Mit freundlichen Grüßen,
die Studienvertretung Allgemeine Bildungswissenschaftliche Grundlagen
und die Zentrumsvertretung Lehrer*innenbildung