Proteststatement zur Lehramtsreform Sek AB (Langversion)
Lehramtsreform gescheitert?! Unileitung und Ministerium werden auf Nachfrage antworten, es läuft doch eh alles nach Plan! Dieser Plan ist nun Ende letzter Woche (Anfang Dezember) mit einer starken Verzögerung (die auf Scheingespräche, Verzögerungstaktiken und unkollegiale Akte in Unigremien in den vergangenen Wochen und Monaten zurückzuführen ist) der Studierendenschaft mitgeteilt worden. Es ist damit nun auch klar geworden, dass die Struktur des neuen LA-Curriculums mit einer Reform - welche Innovation und Verbesserung verspräche - wenig zu tun haben wird, sondern im Wesentlichen auf Deprofessionalisierung, Deflexibilisierung, Straffung, Verschulung und - dem gegenüber schon fast als positiv zu werten - auf undifferenzierte Kürzung hinausläuft. Der Weg des geringsten institutionellen Widerstandes also, der mitunter verheerende Konsequenzen mit sich bringt.
Konkret werden folgende Elemente laut Plan der Unileitung künftig nicht (mehr) im Lehramtsstudium Platz finden oder werden in der Konsequenz aller Wahrscheinlichkeit nach verunmöglicht:
- Kein Wahlbereich im Bachelor- oder Masterstudium – wie künftig im LA-Studium interessengeleitete LVs belegt werden können, wird noch zu zeigen sein
- Zusammenstreichung der Masterpraxis je nach Zählart um etwa 70 oder gar 80%, faktisch kaum Möglichkeiten für berufsbegleitendes Masterstudium
- keine flexiblen Akzente oder Schwerpunkte in einzelnen Bereichen des Studiums (etwa zusätzliche Praxiserfahrung abseits von Pflichtelementen, (fach-)übergreifende Themen oder fachwissenschaftliche Vertiefungen)
- keine weiteren Spezialisierungen außerhalb der Inklusionspädagogik (etwa im Bereich der Digitalisierung, Medien-, Demokratie- oder Klimabildung) – derzeit ist nicht einmal eine Spezialisierung auf Sprachbildung/DaZ vorgesehen
- keine bessere technisch-organisatorische Abstimmung der LVs in den Unterrichtsfächern, kein Platztausch in Praxiselementen, keine Absolvierung von Master-LVs vor vollständigem BEd-Abschluss (alle 3 Teilcurricula) – all das wird im Bachelorstudium nun in 3 statt 4 Jahren zu stemmen sein
- kein Ende der Lateinergänzung in Deutsch, Englisch oder Geschichte/polit.Bildung - auch dafür wird künftig ein Jahr weniger Zeit sein
- weitere Einschränkung der Möglichkeiten zu internationaler Mobilität (etwa Erasmus)
- weiterer Abbau stud. Mitsprache (statt wie bisher üblich 1/3 werden weniger als 1/4 der Mitglieder der curr. Arbeitsgruppen (C-AGs) Studierende sein; für diesen Akt des Demokratieabbaus ist nicht das Rektorat, sondern der Senat der Uni Wien verantwortlich)
Wir möchten betonen, dass dies erst die ersten geschaffenen Fakten aus der Vorphase der Reform sind. Auch liegen uns noch kaum konkrete Arbeitsaufträge für die Inhalte der einzelnen Fächer vor (diese werden dann unmittelbar vor Weihnachten, wenn alle schon (halb) im Urlaub sind und die öffentliche Aufmerksamkeit nachlässt, übermittelt). Die inhaltliche Detailarbeit in den etwa 20 verschiedenen curr. Arbeitsgruppen beginnt dann im Jänner. Die o.g. Eckpfeiler sind dann aber nicht mehr zu ändern und bzgl. aller weiteren noch offenen Punkte ist - wenn die Reformarbeit 2025 ähnlich abläuft wie in den vergangenen Monaten - unsererseits wenig Hoffnung da, dass diese dann in zahlreichen Teilen des Studiums einem echten Reformgeist im Sinne von progressiver Innovation erwachsen. Auch wenn es dbzgl nicht an vollmundigen Ankündigungen und verheißungsvollen Versprechungen - "alles für die Kinder" / "die besten Köpfe ins Lehramtsstudium" - mangelt.
Wir lassen uns gerne positiv überraschen, haben aber den Eindruck, dass das Prinzip Hoffnung und leider auch die Partizipation in den vorgesehenen - und i.d.R. beratenden! - Gremien nicht immer von Erfolg gezeichnet ist. Immer öfter mutet letzteres im Lehramt bedauerlicherweise just im Gegenteil als reine Zeitverschwendung an. Wir werden die Entwicklung der letzten Monate genau analysieren und daraus der Situation angemessene Schlüsse für die weitere stud. Vertretungsarbeit ziehen. Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir aber den Eindruck, dass nur eine verstärkte Thematisierung von Missständen und eine lautere Einmahnung studentischer Interessen zu echten Erfolgen führen kann. Es ist also dringend notwendig, unseren Unmut jetzt klar und deutlich zu artikulieren. Schweigen ist keine Option, wenn die Zukunft des Lehramtsstudiums und damit auch die Zukunft der Lehrer*innenbildung auf dem Spiel steht. Wir rufen daher alle Studierenden auf: Engagiert euch! Informiert euch über die Pläne, bringt euch in Diskussionen ein und macht eure Positionen deutlich. Wir sind sicher, dass sich dafür sowohl noch vor Weihnachten, als auch im entscheidenden Jahr der Reform – 2025 – gute Gelegenheiten ergeben werden.
ZV Lehrer*innenbildung und Bagru Lehramt (BLA)
Dezember 2024